Neben Risiken auch Wirkungen   Udo Reich

LESEPROBE

© EIGEN VERLAG 1994
   Buchtip

   Neulich habe ich gehört -
   zur Buchmesse ist das gewesen -
   es hatte mich schon etwas gestört,
   dass ich lange nichts gelesen.

   Und nun informierte man mich,
   Bücher seien wieder in.
   Obwohl ich an und für sich
   eher ein telegener Typ doch bin.

   Bücher stützten die Demokratie,
   lesen stabilisiert die Gedanken,
   sagte man, so sah ich das nie,
   ohne Buch käm' alles ins Wanken!

   Ein Buch gekauft habe ich dann schon,
   konnte es nur noch nicht lesen.
   Es dient zur Zeit der Stabilisation -
   denn mein Tisch ist wackelig gewesen!



   Wahlfang

   Hoch und heilig Wahlversprochen,
   wird nach der Wahl wieder gebrochen.
   All' dieses Politikergeschwätz,
   ist schon fast Naturgesetz.

   Wie sie sich im Blitzlicht suhlen
   und um die Gunst der Wähler buhlen.
   Wie sie mit hocherhobenen Nasen,
   heiße Luft in Mikrophone blasen.

   Wer glaubt denn all die hohlen Phrasen,
   die sie schnell vom Blatte lasen,
   während sie auf die Quote schielten
   und sich schon als die Sieger fühlten.
   So manch einer darüber schmunzelt,
   manch' anderer die Stirne runzelt.

   Die Journaille stellt immer gleiche Fragen,
   Die Politiker antworten, um nichts zu sagen;
   Und würden wir an eine echte Aussage geraten -
   niemand würde dies an die Wähler verraten.

   Am Wahltag dann, die Ohren voll,
   die Optionen sind alle nicht so doll,
   die Nase voll vom Wahlgekübel,
   wählen wir wieder mal das geringste Übel.

   Was nun folgt ist Wahlberichterstattung,
   durch eine spezielle Berichterstattergattung,
   die, um teure Fernsehminuten zu überbrücken,
   den Zuschauer minütlich mit Quoten entzücken.

   Eine Elefantenrunde wird dann zusammengeführt
   und der Wahlsenf noch einmal aufgerührt.
   Da tönen die Parteioberkrieger,
   was wir auch wählten, wir wählten Sieger.

   Echte Aussagen werden zwar immer noch vermieden,
   doch zumindest ist man mit uns, dem Wähler, zufrieden.
   Und nun wird analysiert, man fragt genauer;
   allerdings sind wir danach auch nicht viel schlauer.

   Ein Fachmann erklärt sachlich und mit viel Geduld,
   wir, die Wähler, seien an allem schuld!
   Wir nehmen's zur Kenntnis, denn wir sind's gewöhnt,
   dass man über's dumme Wahlvolk stöhnt.

   Und warum wir uns selber nicht wählen lassen?
   Nein, mit diesem Blödsinn möchten wir uns nicht befassen!
   Wir schimpfen lieber auf die, die wir im Fernseh'n sehen
   und die alle Jahre wieder auf Wahlfang gehen.

   Politiker sein? Einer dieser Deppen, den alle hassen?
   Nein, niemals!  Wir wollen uns lieber regieren lassen! 



   Nebenwirkung

   Wenn es kräftig zwickt, die Krankheit schleicht,
   wird vom Doktor eine gute Arznei gereicht.
   Diese bringt den Körper wieder ins Gleichgewicht
   und eine Nebenwirkung, die statt der Krankheit sticht.



   Eiterbeule

   Eine Pest, die ist es allemal,
   Übel von der Wurzel bis zur Krone.
   Überall Geschwüre in großer Zahl
   und es interessiert sie nicht die Bohne.

   Korruption, Bestechung ein wenig Vorteilnahme?
   Ach, sie haben noch nichts genommen?
   Vielleicht eine schnelle Mark, ‘ne leichte Dame?
   Den Auftrag hab ich doch wohl bekommen?

   Die Behörden eine Eiterbeule,
   gleich einem Pestgeschwür?
   Alles voll korrupter Fäule?
   Doch niemand kann dafür!

   Wir schimpfen, fluchen klagen an,
   die, die über uns sind, auf der Leiter.
   Doch da man selber hoch will - irgendwann:
   fließt heiter, weiter - Eiter!



   Der andere Planet

   Neulich sah' ich's wieder - oder war's ein Traum?
   Blühende Wiesen, reine Natur,
   klares Wasser, ganz ohne Schaum,
   reine Luft, Sauerstoff pur.

   Ein Blick aus dem Fenster belehrte mich,
   dieser Traum findet auf einer fernen Erde statt.
   Doch es gab mir einen kleinen Stich,
   daß nur die Werbung Zugang zu diesem Planeten hat! 
 

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