Allerlei 'Un' - Gereimtheiten   Udo Reich

LESEPROBE

© EIGEN VERLAG 1994
   Aufgeheitert

   Es kam bisweilen vor,
   das meine Seele etwas fror;
   Im See voll trüber Gedanken,
   Lust und Laune bald versanken.
   Und wie ich so Trübsal blase,
   greife ich nach dem Glase,
   welches die Muse bei mir aufgestellt,
   die mir so manche Stund' erhellt.
   Kaum ist ein Schluck getrunken,
   kommt von der Laune, die versunken,
   sogleich empor ein Stück,
   an die Oberfläche zurück.

   Nun wärmt die Seele, die gefroren,
   das Gedicht,       das nun geboren! 



   Kriegsbilder

   Kein Bild rührt mich so tief an,
   wie Bilder vom Krieg.
   Etwas, was ich nicht sagen kann;
   Ist es der Sieg?
   Oder ist es Ruhm, Stolz, Ehre
   und die Tapferkeit?
   Ja, wenn da nicht wäre,
   dies endlose Leid.
   Oder ist es Hass, Wut, Trauer
   um einen Verlust?
   Ja, wäre mir nicht die Mauer
   aus Angst bewusst.
   Ist es Erprobung von Mannesmut
   im Kampf Mann gegen Mann?
   Ja, doch da ist das vergossene Blut,
   dass auch das eigne sein kann.
   Oder ist es die Geschichte,
   die uns wieder lehrt,
   dass man den vernichte,
   der sich nicht wehrt?

   Offen zu sagen, bin ich's nicht gewillt,
   denn es drückt mich nieder;
   In jedem grauenvollen Schreckensbild,
   erkenn' ich ein Stück von mir wieder! 



   Das Schnellgedicht

   Ich stehe hier, winde mich in Qual,
   Gedichte schrieb ich in großer Zahl.
   Nun will man mich verpflichten,
   spontan etwas zu dichten!

   Ich überlege flink, doch wie gemein,
   so schnell fällt mir rein gar nichts ein.
   Ich denk an was, dass ist nicht fein;
   Es müßt auch was besonderes sein.
   Ich kratze verlegen an meinem Bein,
   wie wahr ich denn nun bloß den Schein?
   Immer größer wird die Pein,
   doch dann vom Herzen fällt der Stein:

   Lang gesucht, den Reim auf Reim,
   besser als das Wörtchen Schleim,
   passt dazu der Vollkornkeim,
   beschmiert mit etwas Honigseim,
   als zuckersüßer Bienenleim,
   klebt er nun den Reim auf Reim.

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